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    02.05.2024

    Verspätete Pauschalversteuerung kann teuer werden
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    01.05.2024

    Zuständigkeit für die Außenprüfung bei beschränkt Steuerpflichtigen
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    30.04.2024

    Zeitplan für Abschaffung von Steuerklassen III und V offen
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    « 2023-05-01 |Word-Datei| 2023-07-01 »

    Steuertermine

    12.06. Umsatzsteuer
    Lohnsteuer
    Kirchensteuer zur Lohnsteuer
    Einkommensteuer
    Kirchensteuer
    Körperschaftsteuer

    Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 15.06. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck.

    Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen.

    Alle Angaben ohne Gewähr

    Vorschau auf die Steuertermine Juli 2023:

    10.07. Umsatzsteuer
    Lohnsteuer
    Kirchensteuer zur Lohnsteuer

    Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 13.07. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck.

    Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen.

    Alle Angaben ohne Gewähr

    Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge Juni 2023

    Die Beiträge sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankenarbeitstag eines Monats fällig. Für Juni ergibt sich demnach als Fälligkeitstermin der 28.06.2023.



    Inhalt:

    1. Für alle Steuerpflichtigen: Steuerliche Berücksichtigung der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer bei gesundheitsbedingten Einschränkungen
    2. Für alle Steuerpflichtigen: Grunderwerbsteuer auf Wohnrecht und Nießbrauch?
    3. Für alle Steuerpflichtigen: Bewertungsabschlag bei Bewertung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück bei Erbschaften und Schenkungen
    4. Für alle Steuerpflichtigen: Zinserträge aus einer „unverzinslichen“ Kaufpreiszahlung
    5. Für alle Steuerpflichtigen: Grundsätzlicher Anspruch auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren
    6. Für Rentner: Entscheidendes Jahr des Rentenbeginns bei aufgeschobener Altersrente (2. Akt)
    7. Für Vermieter: Sofortabzug von Mieterabfindung als Werbungskosten bei Entwertung wegen Renovierungsarbeiten
    8. Für alle Steuerpflichtigen: Beiträge an einen Solidarverein als Sonderausgaben?

    1. Für alle Steuerpflichtigen: Steuerliche Berücksichtigung der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer bei gesundheitsbedingten Einschränkungen

    Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nummer 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) können Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht steuermindernd angesetzt werden. Allerdings ist dies nur der Grundsatz, von dem es auch Ausnahmen gibt. So gilt der Grundsatz nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Anstelle der Aufwendungen kann dann pauschal ein Betrag in Höhe von 1.260 Euro als Jahrespauschale für das Wirtschaft- oder Kalenderjahr abgezogen werden. Für jeden vollen Monat, in dem die Voraussetzungen nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1.260 Euro um ein Zwölftel. Soweit die aktuelle gesetzliche Regelung zum häuslichen Arbeitszimmer.

    Bis vor kurzem galt jedoch insoweit noch eine andere Regelung. Auch nach dieser konnten die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Ausstattung grundsätzlich nicht steuermindernd berücksichtigt werden. Allerdings war eine steuerliche Berücksichtigung möglich, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand. In diesem Fall konnten die abziehbaren Aufwendungen bis zu 1.250 Euro begrenzt abgezogen werden. Wenn das Arbeitszimmer sogar den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen beruflichen Betätigung bildete, konnten die Aufwendungen uneingeschränkt abgesetzt werden. Zu dieser (alten) Rechtslage hat nun das Finanzgericht Berlin-Brandenburg eine Entscheidung bei einem Steuerpflichtigen getroffen, der aus gesundheitlichen Gründen trotz eines Arbeitsplatzes im Betrieb sein häusliches Arbeitszimmer nutzte.

    Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige geltend gemacht, dass der betriebliche Arbeitsplatz nicht an allen Tagen zur Verfügung gestanden habe, weil er aufgrund einer gesundheitlichen Einschränkung zumindest an einem Arbeitstag in der Woche aus dem Home-Office tätig werden müsse. Ohne diese Home-Office Tätigkeit würde sich der Gesundheitszustand erheblich verschlimmern, weshalb ein entsprechender Abzug der Kosten für den häuslichen Arbeitsraum nötig sei.

    Das beklagte Finanzamt stellte sich jedoch auf den Standpunkt, dass der betriebliche Arbeitsplatz des Steuerpflichtigen objektiv zur Verfügung gestanden habe und dieser allein aus subjektiven Gründen nicht arbeitstäglich genutzt wurde. Dieser ehrlich gesagt durchaus nachvollziehbaren Argumentation ist jedoch das erstinstanzliche Finanzgericht Berlin-Brandenburg erfreulicherweise nicht gefolgt. Vielmehr hat es geurteilt, dass es maßgeblich darauf ankommt, ob es dem Steuerpflichtigen zugemutet werden kann, den vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz arbeitstäglich zu nutzen. Da dem Steuerpflichtigen aus ärztlicher Sicht gehalten war, an einzelnen Tagen von zu Hause aus zu arbeiten, um langfristig die Arbeitsfähigkeit zu erhalten, kann ihm der Werbungskostenabzug für die Kosten des heimischen Arbeitsplatzes nicht versagt werden. Dieser ist dann in solchen Fällen allerdings auf 1.250 Euro (alte Rechtslage!) begrenzt, da das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen gebildet hat.

    Konkret zusammengefasst lautet daher die Entscheidung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 29.9.2022 unter dem Aktenzeichen 5 K 5138/21, dass ein Arbeitnehmer, der aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen den vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz nicht an allen Werktagen nutzen kann, sondern stattdessen zur Aufrechterhaltung der Gesundheit gehalten ist, die Berufstätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer zu absolvieren, die Aufwendungen hierfür im Rahmen des Höchstbetrages als Werbungskosten steuermindernd geltend machen kann.

    Hinweis: Da es soweit ersichtlich bisher eine solche Entscheidung nicht gab, war das erstinstanzliche Finanzgericht gehalten, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen. Zum Redaktionsschluss war allerdings nicht klar, ob die Finanzverwaltung den Revisionszug auch tatsächlich bestiegen hat.

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    2. Für alle Steuerpflichtigen: Grunderwerbsteuer auf Wohnrecht und Nießbrauch?

    Vor Jahrzehnten war die Grunderwerbsteuer einmal eine kaum beachtete Nebenleistung bei der Anschaffung einer Immobilie. Der Grund dafür war relativ einfach: Die Grunderwerbsteuer war eher gering. Tatsächlich ist in § 11 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) immer noch ein Steuersatz von 3,5 % hinterlegt. Allerdings können die einzelnen Bundesländer mittlerweile ihre Grunderwerbsteuergesetze selbst bestimmen, da die Grunderwerbsteuer ihnen auch zusteht. In der Spitze berechnen daher Bundesländer bis zu 6,5 % Grunderwerbsteuer, was beim Immobilienerwerb zu einer erheblichen Belastung wird. Insoweit lohnt auch ein genauer Blick, was alles unter die Grunderwerbsteuer fällt. Dies ist nichts anderes als die Frage nach der Bemessungsgrundlage.

    Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 8 Absatz 1 GrEStG bemisst sich die Grunderwerbsteuer grundsätzlich nach dem Wert der Gegenleistung. Was zur Gegenleistung gehört, bestimmt sich dabei insbesondere nach § 9 GrEStG. Diese Regelung enthält eine Legaldefinition des Begriffs und zielt darauf ab, die Gegenleistung so umfassend wie möglich zu erfassen. Dem Grunderwerbsteuergesetz liegt dabei ein eigenständiger, über das bürgerlich-rechtliche Verständnis hinausgehender Begriff der Gegenleistung zugrunde, wie schon der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 16.2.1977 unter dem Aktenzeichen II R 89/74 klarstellte.

    Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 9 Abs. 1 Nummer 1 GrEStG gilt als Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistung und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Nutzungen sind dabei gemäß § 100 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) unter anderem die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechtes gewährt. Sie gebühren von der Übergabe der Sache an dem Käufer. Der Verkäufer ist grundsätzlich verpflichtet, eine Sache frei von Rechtsmängeln zu übergeben. So die grundsätzliche Regelung in § 433 Abs. 1 und § 435 BGB. Wird die Norm vertraglich abbedungen, belässt der Grundstückskäufer also die Nutzungen dem Verkäufer (oder einem Dritten) über diesen Zeitpunkt hinaus, liegt darin ein geldwerter Vorteil, den der Käufer für den Erwerb der Sache gibt. Dies allein rechtfertigt die Einbeziehung der vom Käufer bzw. einem Dritten vorbehalten Nutzungen in die Gegenleistung. Im Ergebnis wurde dies in diesem Sinne auch bereits so durch den Bundesfinanzhof mit Urteil vom 6.12.1989 unter dem Aktenzeichen II R 95/86 entschieden. Für die vorbehaltenen Nutzungen ist dabei die Regelung des § 9 Abs. 1 Nummer 1 GrEStG gegenüber der Regelung des § 9 Abs. 2 Nummer 1 GrEStG vorrangig. Erfasst sind Nutzungen aller Art, namentlich insbesondere Nießbrauchs- und Wohnungsrechte. Sie können entweder neu begründet werden oder bereits bestehen. Unerheblich ist insoweit auch, wenn diese gegenüber einem Dritten eingeräumt werden, wie ebenfalls bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 17.9.1975 unter dem Aktenzeichen II R 5/70 herausgearbeitet hat.

    Wenn jedoch der Grundstücksverkäufer die vorbehaltenen Nutzungen angemessen vergütet, liegt in der Nutzungsüberlassung keine Gegenleistung für das Grundstück. Auf dieser Linie ist auch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6.12.2017 unter dem Aktenzeichen II R 55/15.

    Für die Bestimmung der Gegenleistung ist es nicht maßgeblich, was die Vertragsschließenden als Gegenleistung für das Grundstück bezeichnen, sondern zu welchen Leistungen sie sich tatsächlich verpflichtet haben. Auch dies hat bereits der oberste Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 8.9.2010 unter dem Aktenzeichen II R 28/09 festgelegt. Ob sich der Verkäufer Nutzungen ohne angemessenes Entgelt vorbehalten hat, ist durch Auslegung des Kaufvertrags zu ermitteln.

    Auf Basis dieser Grundsätze hat das erstinstanzliche Finanzgericht Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 8.7.2022 unter dem Aktenzeichen 5 K 2500/21 insoweit folgenden Leitsatz aufgestellt: Bleibt mit Zustimmung des Käufers ein schuldrechtlich bereits bestehendes und kurz nach dem Abschluss des Kaufvertrags auch dinglich gesichertes lebenslängliches unentgeltliches Wohnungsrecht zugunsten eines Dritten bestehen, macht der Käufer von seinem Recht auf eine rechtsmängelfreie Übertragung keinen Gebrauch und wird auch keine Vergütung für das vorbehaltene Wohnungsrecht geleistet, so ist das Wohnungsrecht entsprechend der gesetzlichen Vorschrift in § 9 Abs. 1 Nummer 1 GrEStG in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen.

    Hinweis: Auch wenn die erstinstanzliche Entscheidung aus Baden-Württemberg durchaus schlüssig erscheint, ist gegen das Urteil die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen worden. Die Revisionszulassung fußt dabei auf einem bereits anhängigen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen II R 5/22. Darin gilt es die Rechtsfrage zu klären, ob der Wert eines Nießbrauchsrechts bei der Veräußerung eines Erbbaurechts als Gegenleistung in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen ist, wenn der Nießbrauch bereits wirksam bestellt war und die Eintragung von dem Grundstückseigentümer und dem bisherigen Erbbauberechtigten (ohne Beteiligung des Erbbaurechtserwerbers) bewilligt und beantragt wurde. Zudem geht es in dem vorgenannten Verfahren darum, ob es entscheidungserheblich ist, dass der Nießbrauch während des gesamten Erbbaurechtszeitraums besteht.

    Vor diesem Hintergrund ist auch gegen die Entscheidung aus Baden-Württemberg die Revision eingelegt worden. Das Aktenzeichen beim Bundesfinanzhof lautet II R 32/22.

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    3. Für alle Steuerpflichtigen: Bewertungsabschlag bei Bewertung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück bei Erbschaften und Schenkungen

    Entsprechend der Vorschrift in § 12 Abs. 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in Verbindung mit der Regelung des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) sind Grundbesitzwerte gesondert festzustellen, wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder die Schenkungsteuer von Bedeutung sind. Gegenstand der Bewertung sind dabei die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens. Jede wirtschaftliche Einheit ist für sich zu bewerten. Bei der Bewertung von Grundbesitz für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer wird die wirtschaftliche Einheit vom Gegenstand des Erwerbs vorgegeben. Die Bestimmung des Erwerbsgegenstands erfolgt nach erbschaft- und schenkungsteuerrechtlichen Grundsätzen, die an das Zivilrecht anknüpfen. Wurde daher ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück freigebig zugewendet, also geschenkt, bildet grundsätzlich der Anteil selbst die wirtschaftliche Einheit, es sei denn, er zerfällt in mehrere wirtschaftliche Einheiten. So auch bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 26.8.2020 unter dem Aktenzeichen II R 43/18. Darin haben die obersten Richter der Republik klargestellt, dass, wenn auf einem Grundstück mehrere Wohnungs- oder Teilerbbaurechte lasten, die wirtschaftliche Einheit des Erbbaugrundstücks nach der Verkehrsauffassung in eine entsprechende Anzahl wirtschaftliche Einheiten zerfällt. Mit jedem Wohnungs- oder Teilerbbaurecht korrespondiert eine wirtschaftliche Einheit in Gestalt des anteiligen Erbbaugrundstücks.

    Nichts anderes gilt, wenn ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück im Vermächtniswege erworben wird. Wird von vornherein nur dieser Miteigentumsanteil und nicht das Volleigentum an einem Grundstück erworben, kann sich die Frage einer über diesen Anteil hinausgreifenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne des Bewertungsgesetzes nicht stellen. Allenfalls könnte man den Sachverhalt dahingehend prüfen, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass nach insoweit maßgeblichen Anschauungen des Verkehrs nicht der hälftige Miteigentumsanteil selbst, sondern eine noch kleinere Einheit als wirtschaftliche Einheit gilt.

    Gemäß der Regelung des § 198 Absatz 1 BewG kann der Steuerpflichtige einen niedrigeren gemeinen Wert nachweisen. Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach den §§ 179,182 bis 196 BewG ermittelte Wert, so ist der niedrigere nachgewiesene Wert anzusetzen. Auch bei der Bewertung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück, das nicht mit Wohnungs- oder Teileigentum verbunden ist, steht dem Steuerpflichtigen der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes für diesen Miteigentumsanteil entsprechend der vorgenannten gesetzlichen Regelung zu. Dieser Nachweis beschränkt sich nicht auf einen niedrigeren gemeinen Wert des Volleigentums, sondern kann darüber hinaus dahingehend geführt werden, dass der Wert des Miteigentumsanteils niedriger ist als der entsprechende rechnerische Bruchteil des Werts des Volleigentums.

    Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 198 Satz 1 BewG, welcher auf den gemeinen Wert der wirtschaftlichen Einheit als solcher abstellt. Unter der im Streitfall erfüllten Prämisse, dass der Miteigentumsanteil am Grundstück selbst die zu bewertende wirtschaftliche Einheit ist, eröffnet der Wortlaut der Norm die Möglichkeit, unmittelbar für diesen Miteigentumsanteil einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. Es ist gerade nicht vorgesehen, dass bei Miteigentumsanteilen nur ein mittelbarer Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts dergestalt zulässig wäre, dass sich dieser Nachweis primär auf das Volleigentum am Grundstück beziehen muss und dieser Wert dann rechnerisch entsprechend der Miteigentumsquote (ohne weitere Möglichkeit eines Abschlags) auf den entsprechenden Miteigentumsanteil zu übertragen wäre.

    Auch nach Sinn und Zweck des Gesetzes ist ein niedrigerer gemeiner Wert für den Miteigentumsanteil am Grundstück als solcher nachweisbar. Nach der Gesetzesbegründung zu § 198 BewG entsprechend der Bundestagsdrucksache 16/11107 sollte der Steuerpflichtige durch diese Norm die Möglichkeit erhalten, sämtliche wertbeeinflussende Umstände bei der Ermittlung des gemeinen Werts geltend zu machen. Hierzu gehören nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch die den Wert beeinflussenden Belastungen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art, wie zum Beispiel Grunddienstbarkeiten und persönliche Nutzungsrechte. Das muss erst recht gelten für einen rechtlichen Umstand, der der wirtschaftlichen Einheit prägend innewohnt und sie nicht lediglich als von außen kommend belastet, nämlich, dass es sich nicht um Volleigentum, sondern um Miteigentum handelt. Sofern es nach den gemäß § 198 Satz 2 BewG in Verbindung mit § 199 Satz 2 Baugesetzbuch erlassenen Vorschriften, insbesondere nach der Immobilienwert-Verordnung, rechtlich zulässig ist, diesen Umstand als wertbeeinflussend zu berücksichtigen und er dementsprechend Eingang in ein auch im Übrigen ordnungsgemäßes Sachverständigengutachten gefunden hat, muss der so ermittelte Wert nach § 198 Satz 1 BewG von der Finanzverwaltung angesetzt werden.

    Die Norm des § 3 BewG, wonach im Falle, dass ein Wirtschaftsgut mehreren Personen zusteht, zunächst ein Wert im Ganzen zu ermitteln ist und dann entsprechend dem Verhältnis der Anteile zu verteilen ist, steht der grundsätzlichen Möglichkeit des Steuerpflichtigen, einen niedrigeren gemeinen Wert des Miteigentumsanteils nachzuweisen, nicht entgegen. Die Norm schreibt für die Fälle des § 198 BewG gerade nicht vor, dass nur der nachgewiesene niedrigere gemeine Wert des Volleigentums am Grundstück maßgeblich sei, der dann in einem zweiten Schritt statisch und ohne die Möglichkeit weiterer Abschläge auf die Miteigentümer nach dem rechnerischen Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen wäre. Es handelt sich bei § 3 BewG um eine allgemeine Bewertungsvorschrift für die Wertermittlung bei mehreren Beteiligten, die nicht gilt, soweit im zweiten Teil des Bewertungsgesetzes, wie eben hier in § 198 BewG, besondere Bewertungsvorschriften enthalten sind. Der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts eröffnet dem Steuerpflichtigen aus verfassungsrechtlichen Gründen die Möglichkeit, von den im Bewertungsgesetz vorgesehenen typisierenden Wertermittlungsverfahren abzuweichen und ist auch aus diesem Grund eine vorrangige Spezialvorschrift. Der Vereinfachungsfunktion, die § 3 BewG im Rahmen der typisierenden Wertermittlungsverfahren des Bewertungsgesetzes erfüllt, bedarf es bei der Nachweisführung, die auf die spezifischen wertbeeinflussenden Umstände des konkreten Bewertungsgegenstandes abzielt, nicht.

    Vor diesem Hintergrund kommt erfreulicherweise das Finanzgericht Münster in seiner Entscheidung vom 24.11.2022 unter dem Aktenzeichen 3 K 1201/21 F zu dem Schluss, dass bei der Bewertung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück für Zwecke der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer der Nachweis zulässig ist, dass der Miteigentumsanteil an dem Grundstück weniger wert ist, als es dem rechnerischen Anteil am gemeinen Wert des Grundstücks entspricht. Mit anderen Worten, es kann also ein sogenannter Marktanpassungsabschlag vorgenommen werden.

    Hinweis: Aus Gründen der Fortbildung des Rechtes musste das erstinstanzliche Finanzgericht Münster die Revision zum Bundesfinanzhof zulassen. Tatsächlich hat der Bundesfinanzhof unter der Geltung der aktuellen Fassung der Norm des § 198 BewG noch nicht über die Frage entschieden, ob der Nachweis generell zulässig ist, dass ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück weniger wert sein kann, als es dem rechnerischen Anteil am gemeinen Wert des Grundstücks entspricht.

    Zu Redaktionsschluss war nicht bekannt, ob die Finanzverwaltung tatsächlich den Revisionszug bestiegen hat. Sofern daher die Entscheidung endgültig wird, sollte in entsprechenden Fällen immer versucht werden, einen Marktanpassungsabschlag durchzusetzen. Falls der Fiskus die Revision einlegt, sollten Betroffene sich an das dann vorhandene Musterverfahren anhängen.

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    4. Für alle Steuerpflichtigen: Zinserträge aus einer „unverzinslichen“ Kaufpreiszahlung

    Zu den zu versteuernden Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach § 20 Abs. 1 Nummer 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist. Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage. In der Praxis dürften sich die Beteiligten häufig nicht darüber im Klaren sein, dass vorliegend tatsächlich auch noch ein Zinsanteil besteht.

    Der Urteilsfall des Finanzgerichtes Köln mit Entscheidung vom 27.10.2022 unter dem Aktenzeichen 7 K 2233/20 macht die Problematik jedoch deutlich. Im Streitfall geht es um Zinsen aus der Abzinsung eines ratierlich gezahlten Kaufpreises als Einkünfte aus Kapitalvermögen. In diesem Sachverhalt kommen die erstinstanzlichen Richter aus der Domstadt zu folgendem Ergebnis:

    Wird ein zum Privatvermögen gehörender Gegenstand veräußert und die Kaufpreisforderung langfristig, dies bedeutet im Wesentlichen länger als ein Jahr, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gestundet, so sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, die das Finanzgericht Köln für zutreffend hält und dementsprechend dieser Rechtsprechung folgt, die geleisteten Zahlungen (also die Kaufpreisraten) in einen Tilgungsanteil und einen Zinsanteil zu zerlegen. Der Zinsanteil unterliegt dabei als Ertrag aus sonstigen Kapitalforderungen gemäß der oben bereits genannten Vorschrift der Einkommensteuer. Dies gilt auch dann, wenn die Vertragsparteien Zinsen nicht vereinbart oder sogar ausdrücklich ausgeschlossen haben. Zu verweisen ist dabei auf das Grundsatzurteil des Bundesfinanzhofs vom 25.6.1974 unter dem Aktenzeichen VIII R 163/71, in dem die obersten Finanzrichter der Republik klargestellt haben, dass Kaufpreisraten regelmäßig auch dann abzuzinsen sind, wenn die Vertragsparteien eine Verzinsung ausdrücklich ausgeschlossen haben. In jüngster Vergangenheit haben die obersten Finanzrichter der Republik dies mit Urteil des Bundesfinanzhofs vom 14.7.2020 unter dem Aktenzeichen VIII R 3/17 erneut bestätigt. In der jüngeren Entscheidung lautete der Leitsatz: Auch bei der teilentgeltlichen Übertragung eines Grundstücks des Privatvermögens gegen eine Veräußerungszeitrente fließen dem Veräußerer von Beginn an steuerpflichtige Zinseinkünfte zu, soweit die Rentenzahlungen nicht auf den Tilgungsanteil entfallen.

    Entsprechend der vorgenannten Rechtsprechung stellt die Gestattung langfristiger Ratenzahlungen zur Tilgung einer Schuld eine Kreditgewährung durch den Gläubiger dar. Daran ändert auch die Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel nichts, da die Aufteilung des Gesamtkaufpreises als der Summe der Ratenleistungen in den Kaufpreis als Gegenleistung und die Zinsen als Entgelt für die Kapitalnutzung vom Willen der Vertragsschließenden unabhängig ist. Ihre Grundlage findet dieser Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in der gesetzlichen Regelung des § 12 Abs. 3 Bewertungsgesetz (BewG). Danach gilt: Unverzinslichen Forderungen, deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt und die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig sind, sind abzuzinsen, d. h. in einen Kapitalanteil und ein Zinsanteil aufzuteilen. Diese Vorschrift ist nicht abdingbar. Insoweit unterscheidet sich das Steuerrecht vom bürgerlichen Recht. Der Auffassung des Finanzgerichtes des Saarlandes in seinem Urteil vom 15.4.2010 unter dem Aktenzeichen 1 K 1237/05, dass eine vereinbarte Wertsicherungsklausel vereinbarungsgemäß ein angemessenes Entgelt für die Kapitalüberlassung in Form der Kaufpreisstundung im Zuge eines aufgrund unterschiedlicher Interessen ermittelten Kaufpreises darstelle und es einer Aufteilung der Kaufpreisraten in einen Zinsanteil und einen Tilgungsanteil nicht bedürfe, kann sich der siebte Senat des Finanzgerichtes Köln nicht anschließen.

    Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Verzicht auf einen noch nicht entstandenen Pflichtteilsanspruch. Bei der Übertragung eines Grundstücks gegen Kaufpreisraten als Leistung, wie im Streitfall, wird nämlich ein Vermögensgegenstand auf den zur Ratenzahlung Verpflichteten übertragen. Die Raten sind Gegenleistung für den übertragenen Grundbesitz, sodass ein einkommensteuerbares Veräußerungs- und Anschaffungsgeschäft vorliegt. Der Umstand, dass die Kläger und die Übernehmer der Bemessung des Kaufpreises auf Ratenzahlungsbasis keinen um den Zinsanteil erhöhten, marktgerechten Preis für die Übertragung des Grundbesitzes zugrunde gelegt haben, führt zwar dazu, dass der Barwert des Kaufpreisanspruchs im Übertragungszeitpunkt unterhalb des Verkehrswerts des Grundstücks liegt. Die Zuordnung zu einem steuerrechtlich entgeltlichen Geschäft gilt jedoch unabhängig davon, ob die Vertragsparteien einen marktgerechten Preis vereinbart haben. So auch bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 31.8.1994 unter dem Aktenzeichen X R 44/93. Auch bei einer teilentgeltlichen Übertragung sind die einzelnen Ratenzahlungen somit von Beginn an in steuerbare Zinszahlung und nicht steuerbaren Tilgungsanteil aufzuteilen.

    Bei der Berechnung des Zinsanteils ist entsprechend der Regelung in § 13 Abs. 1 Satz 1 BewG in Verbindung mit Anlage 9a des Bewertungsgesetzes der zu bestimmende Barwert zu Beginn und zum Ende des Streitjahres unter Zugrundelegung finanzmathematischer Grundsätze basierend auf einem Zinsfuß von 5,5 % zu ermitteln, sofern die Vertragspartner nicht einen höheren Rechnungszinsfuß vereinbart haben. Zumindest für das hier vorliegende Streitjahr 2015 konnte das Finanzgericht Köln mit Blick auf den Zinsfuß von 5,5 % auch keine Diskrepanz zum Grundgesetz und somit keine Verfassungswidrigkeit der Höhe nach erkennen.

    Hinweis: Ob dem jedoch tatsächlich so ist, muss in nächster Instanz der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VIII R 1/23 klären. Zudem steht auch die Rechtsfrage zur Klärung an, ob eine vereinbarte Wertsicherungsklausel und ein vereinbarter Zinsaufschlag als wirtschaftlicher Vorteil die Anwendung des § 12 Abs. 3 BewG ausschließen kann und somit eine Aufteilung in einen Zins- und einen Tilgungsanteil nicht stattfinden muss.

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    5. Für alle Steuerpflichtigen: Grundsätzlicher Anspruch auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren

    Die Abgabenordnung (AO) enthält, anders als andere Verfahrensordnungen, keine Regelung, nach der ein Anspruch auf Akteneinsicht besteht. Der Gesetzgeber hat ein allgemeines Akteneinsichtsrecht im Steuerverwaltungsverfahren für nicht praktikabel gehalten, weil diesem Gesichtspunkte des Schutzes Dritter und das Ermittlungsinteresse der Finanzbehörden sowie der Verwaltungsaufwand der Finanzbehörde entgegenstünden, die vor jeder Akteneinsicht zu prüfen hätte, ob ein Geheimhaltungsinteresse Dritter beeinträchtigt sein könnte und dann das gesamte Kontrollmaterial, behördeninterne Vermerke und Anweisungen und Ähnliches aus den Akten zu entfernen wären. So ist es in etwa der Bundestagsdrucksache 7/4292 auf Seite 24 ff. zu entnehmen.

    Ein solches allgemeines Einsichtsrecht ist auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs weder aus der Regelung des § 91 Abs. 1 der AO noch aus § 364 AO abzuleiten. Gleichwohl geht der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung auch davon aus, dass dem während eines Verwaltungsverfahrens um Akteneinsicht ersuchenden Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter jedenfalls ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Behörde zusteht, weil die Behörde nicht gehindert ist, in Einzelfällen Akteneinsicht zu gewähren. So beispielsweise schon der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 6.8.1965 unter dem Aktenzeichen VI 349/63. Grundlage dieses Anspruchs ist das Rechtsstaatsprinzip, welches in Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Prozessgrundrecht gemäß Art. 19 Abs. 4 GG verankert ist. Vergleiche dazu die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 19.3.2013 unter dem Aktenzeichen II R 17/11.

    Das Niedersächsische Finanzgericht geht in seiner Entscheidung vom 18.3.2022 unter dem Aktenzeichen 7 K 11.127/18 davon aus, dass der Anspruch des Einsichtsuchenden auf fehlerfreie Ermessensentscheidung gewahrt ist, wenn die Behörde im Rahmen einer Interessenabwägung dessen Belange und die der Behörde gegeneinander abgewogen hat. So auch einem Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 4.6.2003 unter dem Aktenzeichen VII B 138/01 zu entnehmen.

    Das Gericht kann eine solche behördliche Ermessensentscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht gemäß § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nur daraufhin überprüfen, ob die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht hat, die Grenzen ihres Ermessens überschritten oder dieses Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise ausgeübt hat. So auch die obersten Finanzrichter der Republik mit Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 6.11.2012 unter dem Aktenzeichen VII R 72/11.

    Der Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung ist dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze kam daher das Niedersächsische Finanzgericht zu dem Schluss, dass im hier vorliegenden Einzelfall die begehrte Akteneinsicht zu Unrecht abgelehnt wurde.

    Dabei stellt das erstinstanzliche Finanzgericht bereits in seinen Leitsätzen klar, dass beispielsweise die Bestandskraft eines Steuerbescheides dem Recht auf Akteneinsicht nicht grundsätzlich entgegensteht. Ganz klar formulieren die erstinstanzlichen Richter, dass die Datenschutz-Grundverordnung auch im Bereich der Steuerverwaltung bei der Verwaltung der direkten Steuern anwendbar ist. Insoweit lassen die Richter keinen Zweifel daran, dass dem Steuerpflichtigen ein Anspruch auf Auskunft nach Art. 15 der Datenschutz-Grundverordnung zusteht. Lediglich die konkrete Ausgestaltung liegt im Ermessen der Finanzbehörde. Ganz klar kann sie also die Gewährung von Akteneinsicht als die zweckmäßigste Form der Auskunftserteilung erweisen.

    Hinweis: Nicht schwer auszumalen, dass sich die Finanzbehörde mit dieser positiven erstinstanzlichen Entscheidung nicht zufriedengibt. Daher muss nun der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 21/22 klären, ob einem Steuerpflichtigen ein Anspruch auf Akteneinsicht in die hier vorliegende Einkommensteuerakte 2015 im Nachgang zur zwischenzeitlich bereits eingetretenen Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides nach den Grundsätzen einer Ermessensentscheidung durch die Finanzbehörde und nach den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung zusteht.

    Tatsächlich sind die Fragestellungen hinsichtlich eines Akteneinsichtsrechts bei der Finanzverwaltung derzeit arg umstritten. Dies zeigt sich auch in einer Vielzahl von anderen Verfahren. So muss der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 22/22 die Rechtsfrage klären, ob ein Steuerpflichtiger einen Anspruch aus §§ 32a ff. der Abgabenordnung (AO) oder nach der Datenschutz-Grundverordnung auf Auskunft über die beim Finanzamt über ihn gespeicherten und verarbeiteten personenbezogenen Daten sowie auf Zurverfügungstellung einer Kopie der Daten hat. Das erstinstanzliche Finanzgericht München hat mit Urteil vom 19.5.2022 unter dem Aktenzeichen 15 K 2067/18 einen Anspruch auf Auskunft nach Art. 15 der Datenschutz-Grundverordnung verneint.

    Weiterhin muss der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 26/22 klären, in welchem Umfang und in welcher Form aus der europäischen Datenschutz-Grundverordnung ein Auskunftsanspruch gegenüber den Finanzbehörden erwächst. Auch hier hat das Finanzgericht Münster in seiner Entscheidung vom 11.5.2022 unter dem Aktenzeichen 9 K 848/20 die Meinung vertreten, dass die Datenschutz-Grundverordnung keinen Anspruch des Steuerpflichtigen auf Vorlage sämtlicher Daten in elektronischer Form begründet. Die Richter vertreten die Meinung, dass die entsprechende Vorlagepflicht in Art. 15 Abs. 3 der Datenschutz-Grundverordnung restriktiv auszulegen ist. Die Vorlagepflicht knüpft an die Auskunftspflicht gemäß Art. 15 Abs. 1 Datenschutz-Grundverordnung an und ist eines der Mittel, mit denen der Verpflichtete seine Auskunftspflicht erfüllt, soll aber auch nicht weiter gehen als besagte Auskunftspflicht. Insoweit entschieden die erstinstanzlichen Richter, dass aus der Datenschutz-Grundverordnung auch kein Anspruch auf Vorlage sämtlicher durch die Weiterverarbeitung entstandener Daten bzw. Verarbeitungsergebnisse folgt.

    Auch unter dem Aktenzeichen IX R 27/22 beim Bundesfinanzhof geht es um eine Frage zur Akteneinsicht. Konkret gab es hier eine anonyme Anzeige im Betriebsprüfungsverfahren, über die der Steuerpflichtige mehr erfahren möchte. Einen entsprechenden Auskunftsanspruch hat das Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 10.8.2022 unter dem Aktenzeichen 4 K 879/21 AO zurückgewiesen. Bei einer der Finanzbehörde vorliegenden anonymen Anzeige gegen einen Steuerpflichtigen handelt es sich um personenbezogene Daten. Insoweit stellen die erstinstanzlichen Richter klar, dass die Gewährung auf Akteneinsicht durch die Überlassung einer Kopie der anonymen Anzeige an den Steuerpflichtigen nur dann in Betracht kommt, wenn im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung das Interesse des Steuerpflichtigen auf Auskunft das durch das Steuergeheimnis geschützte Geheimhaltungsinteresse des Anzeigenerstatters überwiegt.

    Ein weiteres interessantes Verfahren beim Bundesfinanzhof verbirgt sich noch hinter dem Aktenzeichen IX R 35/21. Dabei geht es um die Rechtsfrage, ob ein Steuerpflichtiger einen Anspruch gegenüber dem Finanzamt auf Zurverfügungstellung einer physischen oder elektronischen Kopie der Steuerakten hat. Leider hat auch hier das erstinstanzliche Finanzgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 27.10.2021 unter dem Aktenzeichen 16 K 5148/20 die Zurverfügungstellung abgelehnt und einen Anspruch des Steuerpflichtigen verneint.

    All diese Verfahren zeigen, dass hier einiges in Bewegung ist und wir uns mit der Thematik in der Zukunft sicherlich erneut beschäftigen werden müssen.

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    6. Für Rentner: Entscheidendes Jahr des Rentenbeginns bei aufgeschobener Altersrente (2. Akt)

    Bereits im April 2023 berichteten wir darüber, dass der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 31.8.2022 unter dem Aktenzeichen X R 29/20 eine nicht gerade vorteilhafte Entscheidung zum Jahr des Rentenbeginns bei aufgeschobener Altersrente getroffen hat. Nach der Entscheidung gilt: Wird der Beginn des Renteneintritts auf Antrag des Rentenberechtigten zur Erlangung eines höheren Rentenanspruchs über das Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus aufgeschoben, ist der Zeitpunkt maßgeblich, den der Rentenberechtigte in Übereinstimmung mit den entsprechenden Rechtsgrundlagen des für ihn geltenden Versorgungssystems als Beginn seiner aufgeschobenen Altersrente bestimmt.

    Zum Hintergrund der Entscheidung hier ein kurzer Auszug aus unserem damaligen Beitrag:

    Insbesondere Leibrenten, die unter anderem aus den berufsständischen Versorgungswerken erbracht werden, gehören zu den Einkünften aus wiederkehrenden Bezügen im Bereich der sonstigen Einkünfte. Der Anteil der Rente, der der Besteuerung unterliegt, ist dabei nach dem Jahr des Rentenbeginns und dem für dieses Jahr maßgeblichen Prozentsatz entsprechend der Tabelle in § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu entnehmen. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Jahresbetrag der Rente und dem der Besteuerung unterliegenden Anteil der Rente ist der steuerfreie Teil der Rente. Dieser gilt ab dem Jahr, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt, für die gesamte Laufzeit des Rentenbezuges. Hinsichtlich des Besteuerungsanteils kann daher pauschal festgehalten werden, dass dieser umso niedriger ist, je früher die Rente beginnt. So beträgt der Besteuerungsanteil für 2023 83 % und steigt dann bis ins Jahr 2040 jährlich um einen Prozentpunkt auf bis zu 100 %.

    Schon ausweislich der Rechtslage vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes war die Höhe des damals für die Rentenbesteuerung maßgebenden Ertragsanteils vom Beginn der Rente abhängig und in einer Tabelle in § 22 EStG alte Fassung geregelt. Hierzu hatte bereits der Bundesfinanzhof entschieden, dass als Beginn der Rente der Zeitpunkt des Entstehens des Rentenanspruchs (also die Erfüllung seiner Voraussetzungen) anzusehen ist. So beispielsweise in der Ursprungsentscheidung des Bundesfinanzhofs mit Urteil vom 6.4.1976 unter dem Aktenzeichen VIII R 184/72. Soweit ersichtlich, hat der Bundesfinanzhof seine Auffassung zudem mit der Entscheidung vom 14.11.2001 unter dem Aktenzeichen X R 90/98 zuletzt wiederholt.

    Zu der ab 2005 durch das Alterseinkünftegesetz geltenden Rechtslage ist dabei die bisherige Rechtsprechung zum damaligen Begriff des „Beginns der Rente“ weiterhin maßgeblich, auch wenn das Einkommensteuergesetz ab dem Jahre 2005 den Begriff „Jahr des Rentenbeginns“ verwendet. Fakt ist nämlich insoweit, dass sich an den Grundlagen auch durch den Systemwechsel aufgrund des Alterseinkünftegesetzes nichts geändert hat und für die Ermittlung des steuerpflichtigen Anteils der Rente weiterhin das Jahr des Rentenbeginns entscheidend ist.

    Vor diesem Hintergrund plädierte daher auch der Bundesfinanzhof für die höhere Besteuerung der Rente. Während wir seinerzeit das Urteil noch abgeheftet hatten unter: Ist das Urteil noch so schlecht, der Bundesfinanzhof hat immer recht, könnte sich dies nun ändern. Der Grund: Unter dem Aktenzeichen 2 BvR 2212/22 ist mittlerweile eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anhängig, die klären soll, ob bei einer aufgeschobenen Altersrente tatsächlich das Jahr des ursprünglichen Rentenbeginns für die Besteuerung maßgeblich ist.

    Betroffene können sich daher an die Verfassungsbeschwerde noch anhängen.

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    7. Für Vermieter: Sofortabzug von Mieterabfindung als Werbungskosten bei Entwertung wegen Renovierungsarbeiten

    Werbungskosten sind entsprechend der Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch diese veranlasst sind. Eine derartige Veranlassung liegt regelmäßig dann vor, wenn objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden. Maßgeblich ist danach, ob bei wertender Beurteilung das auslösende Moment für das Entstehen der Aufwendungen der einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbsphäre zuzuordnen ist. So bereits wiederholt geklärt durch den Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 6.12.2021 unter dem Aktenzeichen IX R 8/21 mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung.

    Zu den bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbaren Werbungskosten gehören auch Abschreibungen für die zur Einkünfteerzielung genutzten Gebäude. Bemessungsgrundlage für die Abschreibung sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Welche Aufwendungen zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach den Regelungen des Handelsgesetzbuches (HGB), konkret nach § 255 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 HGB.

    Zu den (wohl gemerkt fiktiven) Herstellungskosten eines Gebäudes gehörend entsprechend der speziellen Regelung in § 6 Abs. 1 Nummer 1 a Satz 1 EStG auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von den sogenannten anschaffungsnahen Herstellungskosten. Diese Aufwendungen erhöhen die Abschreibungsbemessungsgrundlage, sie sind dementsprechend nicht als Werbungskosten sofort abziehbar.

    Auf Basis dieser Regelung berichteten wir seinerzeit bereits über eine Entscheidung des Finanzgerichts Münster vom 12.11.2021 unter dem Aktenzeichen 4 K 1941/20. Darin entschied das erstinstanzliche Finanzgericht, dass zu den Kosten einer baulichen Maßnahme nicht nur die Aufwendungen für die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zählen, sondern auch die damit in engem wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden sonstigen Aufwendungen, die durch die Durchführung der Maßnahme veranlasst sind und dieser dienen sollen. Nach Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts können dazu auch Aufwendungen zählen, die für die Aufhebung bestehender Mietverhältnisse aufgewendet werden, damit entsprechende Renovierungsarbeiten einfacher vonstattengehen.

    In einer aktuellen Entscheidung vom 20.9.2022 unter dem Aktenzeichen IX R 29/21 widersprechen die obersten Finanzrichter erfreulicherweise dieser fiskalisch geprägten, erstinstanzlichen Meinung des Finanzgerichtes Münster. Zur Begründung führen die obersten Finanzrichter der Republik weiter aus: Unter den Begriff der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Sinne der Regelung zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten fallen bauliche Maßnahmen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird. Zu diesen Aufwendungen im Sinne der Regelung der anschaffungsnahen Herstellungskosten gehören daher unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen. Nicht zu diesen Aufwendungen gehören nach dem Wortlaut der Regelung im Einkommensteuergesetz ausdrücklich nur Aufwendungen für Erweiterungen im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.

    Im Regelfall kann von einer Renovierung oder Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes ausgegangen werden, soweit bauliche Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden. Insoweit enthält die Vorschrift der anschaffungsnahen Herstellungskosten eine Regelvermutung für das Vorliegen entsprechender anschaffungsnaher Herstellungskosten, ohne dass es einer Einzelfallprüfung bedarf. Übersteigen die hierfür angefallenen Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der für den Erwerb des Gebäudes aufgewandten Anschaffungskosten, sind sie insgesamt als anschaffungsnahe Herstellungskosten zu behandeln.

    Im Rahmen dieser Regelvermutung sind auch die Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung verdeckter Mängel den anschaffungsnahen Herstellungskosten zuzuordnen. Dabei geht es um Mängel, die im Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes zwar unentdeckt, jedoch bereits vorhanden waren. Gleiches gilt für Kosten zur Beseitigung bei Anschaffung des Gebäudes bereits angelegter, aber erst nach dem Erwerb auftretender altersüblicher Mängel und Defekte. Auch solche Aufwendungen sind ihrer Natur nach verdeckte Mängel und mithin in die Bagatellgrenze der anschaffungsnahen Herstellungskosten mit einzubeziehen. Demgegenüber sind Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung eines Schadens, der im Zeitpunkt der Anschaffung nicht vorhanden und auch nicht in dem oben genannten Sinn „angelegt“ war, sondern nachweislich erst zu einem späteren Zeitpunkt durch das schuldhafte Handeln eines Dritten am Gebäude verursacht worden ist, nicht den anschaffungsnahen Herstellungskosten zuzuordnen, wenn die Maßnahme vom Steuerpflichtigen innerhalb von drei Jahren seit der Anschaffung zur Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft des Gebäudes durchgeführt werden müssen. Die Regelvermutung für das Vorliegen anschaffungsnaher Herstellungskosten gilt für solche Schäden nicht.

    Insgesamt ist der Anwendungsbereich der Regelung der anschaffungsnahen Herstellungskosten auf bauliche Maßnahmen an Einrichtungen des Gebäudes oder am Gebäude selbst beschränkt. Dazu gehören insbesondere Aufwendungen, die vom Grundsatz her als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären. Hingegen reicht das Bestehen eines (mittelbaren oder unmittelbaren) Veranlassungszusammenhangs zwischen den Kosten und den Instandsetzung- und Modernisierungsmaßnahmen allein nicht aus, um die Aufwendungen in den Bereich der anschaffungsnahen Herstellungskosten zu ziehen.

    Die Begrenzung des sachlichen Anwendungsbereiches der anschaffungsnahen Herstellungskosten auf Aufwendungen für bauliche Maßnahmen ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der gesetzlichen Norm. Dort wird ganz ausdrücklich von Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen gesprochen. Erforderlich ist demnach, dass es sich um Aufwendungen für die bauliche Maßnahme selbst handelt.

    Ein enges Verständnis des Begriffs der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen liegt auch der zeitlichen Anwendungsbestimmung zugrunde. Sie stellt nämlich auf den „Beginn der Baumaßnahmen“ ab. Dies ist bei Baumaßnahmen, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wird, bei freien Bauvorhaben, für die Unterlagen einzureichen sind, der Zeitpunkt, in dem die Bauunterlagen eingereicht werden.

    Für dieses enge Begriffsverständnis spricht zudem die Gesetzesbegründung zur Regelung der anschaffungsnahen Herstellungskosten. Danach sollte die Behandlung von „Reparatur- und Modernisierungsaufwendungen“, „Aufwendungen für die Instandsetzung und Modernisierung“ bzw. „Aufwendungen für Instandsetzungsarbeiten“ geregelt werden. So zu entnehmen der Bundestagsdrucksache 15/1562. Sonstige Aufwendungen, die allein in einem mittelbaren oder unmittelbaren Veranlassungszusammenhang mit der Instandsetzung und Modernisierung stehen, sind in der Gesetzesbegründung ganz ausdrücklich nicht genannt.

    Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift der anschaffungsnahen Herstellungskosten. Die Norm dient der Überwindung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vom 12.9.2001 unter dem Aktenzeichen IX R 39/97 und IX R 52/00. Danach waren sogenannte anschaffungsnahe Aufwendungen nicht mehr allein wegen ihrer Höhe oder ihrer zeitlichen Nähe zur Anschaffung eines Gebäudes als Herstellungskosten zu beurteilen. Soweit sie nicht der Herstellung oder Erweiterung eines Gebäudes dienten, stellten die Aufwendungen nur dann Herstellungskosten dar, wenn sie zu seiner wesentlichen Verbesserung führten. Zugleich sollte die seinerzeitige Regelung zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten in den Einkommensteuerrichtlinien aus Gründen der Rechtssicherheit und Verwaltungsvereinfachung gesetzlich festgeschrieben werden. So auch zu entnehmen der Begründung zum Gesetzesentwurf unter der Bundestagsdrucksache 15/1562.

    Dementsprechend lagen dem seinerzeitigen Nichtanwendungsgesetz sowohl im Hinblick auf die Verwaltungspraxis als auch im Hinblick auf die gegen diese gerichtete Rechtsprechung typische Erhaltungsaufwendungen und damit allein Aufwendungen für bauliche Maßnahmen zugrunde. Die vom Gesetzgeber bezweckte Typisierung soll zudem allein bewirken, dass im Rahmen einer dem Erwerb nachfolgenden einheitlichen Instandsetzung und Modernisierung des Gebäudes einzelner Arbeiten nicht isoliert betrachtet werden müssen. Hingegen müssen Aufwendungen, die nicht Teil derartiger Instandsetzung- und Modernisierungsmaßnahmen sind, ohnehin einer getrennten steuerrechtlichen Würdigung unterzogen werden. In Anwendung dieser Grundsätze verwirft daher der Bundesfinanzhof die fiskalisch geprägte erstinstanzliche Entscheidung.

    Mieterabfindungen stellen keine Instandsetzung- oder Modernisierungsmaßnahmen im Sinne der anschaffungsnahen Herstellungskosten dar! Sie gehören nicht zu den baulichen Maßnahmen. Wenngleich der Begriff der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten im Grundsatz weit zu verstehen ist, sind Maßnahmen zur Aufhebung bestehender Mietverhältnisse nicht Teil der Instandsetzung bzw. Modernisierung der Gebäudesubstanz. Die gegenteilige Auffassung des Finanzgerichtes überschreitet die Wortlautgrenzen deutlich. Die Verwendung der Präposition „für“ (Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen) rechtfertigt keine andere Beurteilung.

    Vor diesem Hintergrund kann sich weder das erstinstanzliche Finanzgericht noch das Finanzamt darauf berufen, dass Mieterabfindungen durch den Kläger nach Feststellung der Vorinstanz geleistet wurden, um die Mieter zur Räumung ihrer Wohnungen zu bewegen und die Renovierungsarbeiten durchführen zu können. Ungeachtet der Tatsache, dass die Renovierungsarbeiten nach den Feststellungen des Finanzgerichtes auch ohne die Entmietung möglich gewesen wären, reicht weder das Bestehen eines mittelbaren oder unmittelbaren Veranlassungszusammenhangs zwischen den Aufwendungen noch das Bestehen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs im weitesten Sinne allein dazu aus, um die Aufwendungen unter die Norm der anschaffungsnahen Herstellungskosten subsumieren zu können.

    In der weiteren Urteilsbegründung führen die obersten Finanzrichter der Republik zudem aus, dass die vom Finanzgericht Münster angeführte Parallele zu den originären Herstellungskosten keine andere Beurteilung rechtfertigt.

    Konkret bleibt es dabei, dass die anschaffungsnahen Herstellungskosten auf bauliche Maßnahmen an der Errichtung des Gebäudes oder am Gebäude selbst beschränkt sind. Aufwendungen, die durch die Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen lediglich mitveranlasst sind, unterfallen nicht der Regelung. Dazu gehört auch eine Abfindung, die vom Vermieter für die vorzeitige Kündigung des Mietvertrages und die Räumung der Wohnung an den Mieter gezahlt wird, um das Gebäude im Anschluss umfangreich renovieren zu können.

    Hinweis: Die Entscheidung zeigt, dass die Rechtsprechung der erstinstanzlichen Finanzgerichte leider häufig fiskalisch geprägt ist und man sich auch nicht davon einschüchtern lassen sollte, dass bestimmte Begriffe mit großem Selbstvertrauen anders ausgelegt werden, als es ihrer eigentlichen Bedeutung entspricht.

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    8. Für alle Steuerpflichtigen: Beiträge an einen Solidarverein als Sonderausgaben?

    Beiträge zu Krankenversicherungen sind entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 10 Abs. 1 Nummer 3 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Sonderausgaben abziehbar, soweit diese Beiträge zu Erlangung eines der durch das VII. Sozialgesetzbuch bestimmten Sozialhilfe gleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und sofern auf die Leistungen ein Anspruch besteht. Daneben sind ausweislich der gesetzlichen Regelung auch Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung (soziale Pflegeversicherung und private Pflegeversicherung) ebenfalls als Sonderausgaben abzugsfähig.

    Weitere Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug solcher Beiträge ist insbesondere, dass sie an die im Gesetz genannten Versicherungsunternehmen, berufsständischen Versorgungseinrichtungen, Sozialversicherungsträger oder Anbieter im Sinne des § 80 EStG geleistet werden. Bei dieser Aufzählung handelt es sich um die sogenannten begünstigten Versorgungsträger bzw. Beitragsempfänger. Die Abzugsfähigkeit der Beitragsleistung an ein Versicherungsunternehmen setzt dabei außerdem voraus, dass das Versicherungsunternehmen entweder seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum hat und das Versicherungsgeschäft im Inland betreiben darf oder ihm die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist. Darüber hinaus werden Beiträge nur berücksichtigt, wenn es sich um Beiträge an eine Einrichtung handelt, die eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall oder eine der Beihilfe oder freien Heilfürsorge vergleichbare Absicherung gewährt.

    Eine Solidargemeinschaft gehört nicht zu den vorgenannten Versorgungsträgern oder Beitragsempfängern. Selbst wenn sie als Versicherungsunternehmen anzusehen wäre, was im vorliegenden Fall schon nicht gegeben war, wäre Voraussetzung für einen Sonderausgabenabzug, dass sie das Versicherungsgeschäft im Inland betreiben darf oder ihr die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist. Versicherungsunternehmen bedürfen zum Geschäftsbetrieb der Erlaubnis der Aufsichtsbehörde. Da der Solidargemeinschaft im vorliegenden Streitfall weder eine solche Erlaubnis erteilt war noch die Voraussetzungen etwaiger Ausnahmetatbestände von der Erlaubnispflicht erfüllt waren, durfte sie das Versicherungsgeschäft im Inland nicht betreiben.

    Auf Basis dieser Grundsätze kam das Finanzgericht Münster in seiner erstinstanzlichen Entscheidung vom 9.2.2022 unter dem Aktenzeichen 11 K 820/19 E zu dem Schluss, dass eine Solidargemeinschaft in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins, deren Mitglieder sich gegenseitig eine umfassende Krankenversorgung zusichern, keine Einrichtung ist, die eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall entsprechend den Regelungen des SGB V gewährt und auf deren Leistungen ein Rechtsanspruch besteht. Wenn die Vereinssatzung keine ausdrücklichen Anspruchsgrundlagen für Leistungen vorsieht, wie es etwa das SGB V für die gesetzliche Krankenversicherung macht, besteht kein Leistungsanspruch, welcher Voraussetzung für die Abziehbarkeit der Beiträge an die Solidargemeinschaft als Sonderausgabe ist. Das erstinstanzliche Gericht hat daher den Sonderausgabenabzug nicht gewährt.

    Hinweis: Unter dem Aktenzeichen X R 21/22 wird jedoch der Bundesfinanzhof das letzte Wort haben und klären, ob Beiträge an entsprechende Solidarvereine als Sonderausgabe steuermindernd Berücksichtigung finden dürfen.

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