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    Kapitalertragsteuer ist keine Nachlassverbindlichkeit

    Das Urteil des FG Münster vom 2.11.2023 (Az. 3 K 2755/22 Erb) befasst sich mit einer komplexen steuerrechtlichen Fragestellung im Bereich der Erbschaftsteuer. Konkret geht es darum, ob Kapitalertragsteuer, die auf eine Gewinnausschüttung anfällt, als Nachlassverbindlichkeit abziehbar ist.

    Im vorliegenden Fall erbte der Kläger nach dem Tod seines Vaters Anteile an einer GmbH. Noch zu Lebzeiten des Vaters beschloss die Gesellschafterversammlung der GmbH eine Ausschüttung, die jedoch erst nach dessen Tod erfolgte. Bei der Auszahlung wurde die Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag einbehalten. In der Erbschaftsteuererklärung machte der Kläger geltend, dass diese einbehaltenen Steuern als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen seien. Das Finanzamt folgte dieser Auffassung jedoch nicht und setzte den Nennwert der Ausschüttung ohne Abzug der Kapitalertragsteuer fest.

    Dagegen richtete der Steuerpflichtige seine Klage. Er argumentierte, dass die Kapitalertragsteuer den Wert der Ausschüttungsforderung mindere und somit die tatsächliche Bereicherung reduziert wird. Er verwies darauf, dass die Steuerschuld zwar erst nach dem Tod des Vaters formal entstanden sei, ihre Entstehung jedoch bereits sicher und konkret absehbar gewesen sei. Demnach sei die Kapitalertragsteuer als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig, da sie in direktem Zusammenhang mit dem Erwerb des Vermächtnisses steht.

    Das Finanzamt hingegen vertrat die Ansicht, dass die Kapitalertragsteuer keine Nachlassverbindlichkeit darstellt. Es führte an, dass die Steuer nicht auf den Erblasser, sondern auf den Erben entfalle, da der steuerlich relevante Zufluss der Ausschüttung erst nach dem Tod des Erblassers erfolgt sei. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs mit Urteil vom 17.2.2010 unter dem Aktenzeichen II R 23/09 mindert die Kapitalertragsteuer nicht den Wert der Forderung, da es sich lediglich um eine Form der Einkommensteuervorauszahlung handele, die erst beim Erben anfällt.

    Das Finanzgericht Münster schloss sich daher der Auffassung des Finanzamts an und wies die Klage ab. Das Gericht stellte klar, dass die Erbschaftsteuer die Bereicherung des Erben besteuere, die sich nach dem Wert des gesamten Vermögensanfalls abzüglich der abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten bestimme. Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) könnten Steuerschulden nur dann als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden, wenn sie aus Verbindlichkeiten des Erblassers resultierten, die dieser zu Lebzeiten in eigener Person begründet habe.

    Im vorliegenden Fall sei der steuerlich relevante Tatbestand, nämlich der Zufluss der Ausschüttung, jedoch erst nach dem Tod des Erblassers verwirklicht worden. Die Kapitalertragsteuer ist daher eine Steuerschuld des Erben und nicht des Erblassers, weshalb sie nicht als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig sein kann. Das Gericht führte weiter aus, dass die Doppelbesteuerung durch Erbschaft- und Einkommensteuer verfassungsrechtlich unbedenklich ist, da es sich um unterschiedliche steuerliche Tatbestände handele. Diese Einschätzung entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Nichtannahmebeschluss vom 7.4.2015 unter dem Aktenzeichen 1 BvR 1432/10.

    In der Folge wurde die Klage des Erben abgewiesen, und die Erbschaftsteuer wurde auf der Grundlage des vollen Nennwerts der Ausschüttung ohne Abzug der einbehaltenen Kapitalertragsteuer festgesetzt. Auch wenn man in der ersten Reaktion das Gefühl hat, dass nun Erbschaftsteuer erhoben wird, obwohl der Steuerpflichtige insoweit nicht bereichert ist, stellt sich dieses Gefühl als falsch heraus. Im Endeffekt wird man der Argumentation von Finanzamt und Finanzgericht zustimmen müssen.

    07.11.2024 6401